Wie bewerbe ich mich für einen Job?
Wie plane ich meine eigenen Projekte?
Und welche Möglichkeiten habe ich eigentlich?
Das und noch ein bisschen mehr erfahren Mädchen und junge Frauen im Jugendcenter in Klina.
Freitag, 21. Juni 2013
Montag, 10. Juni 2013
Reise nach Jerusalem
Die Reise nach Jerusalem führt durch Montenegro nach Bosnien-Herzegowina. Der schwarze Berg ist im Februar schneeweiß. Monteblanco. Filigran bestäubte Laubbaumäste stolzieren am Fenster des kleinen Busses vorüber, der sich wacker auf der Bergstraße hält, einen halben Reifen breit vom Abgrund entfernt. Abgerissene Felsen, die Ränder stechen messerscharf aus den Schneekonturen hervor. Eine Schlucht, darin fließt Wasser, so blau, so grün, Märchen entsprungen, Legenden entgegen. Jede Serpentinenwende eine Quelle, Sprudel gleitet den Berg hinab. Aus weiß wird grün. Frühlingsgras. Darauf weiden Schafe. Weilen Hügel aus Heu, aufgestapelt, so hoch wie zwei Kinder. Oder höher?
Von diesen
Bergen segelte Jens Weißflog Gold entgegen, glitt Katarina Witt auf goldenem
Eis. Im Winter 1984, als die olympische Welt zu Gast bei Freunden in Sarajevo
war.
Im Tal
liegt es, Sarajevo, das Jerusalem Europas. So vielfältig in seinen gelebten
Religionen, so dramatisch in seiner Geschichte, so umkämpft in seiner Zugehörigkeit.
Slawische
Katholiken und Orthodoxe lebten am Ufer der Miljacka, bevor einige von ihnen
während der 400-jährigen Herrschaft der Osmanen zum Islam konvertierten und aus
Spanien geflüchtete Juden aufgenommen wurden. Christen, Muslime und Juden, Tür
an Tür. Kathedrale an Moschee an Synagoge.
Hörst du im
Tal das Pochen, das Kupfer formt? Hörst du die Hammerschläge, die Märchen aus
Tausendundeiner Nacht in silberne Kaffeekännchen, auf edle Bronzeteller kerben?
In
Kaffeemühlen mahlen Bohnen, ihr Staub wird ungefiltert aufgegossen. Zu
dickflüssigem Mokka. So schwarz wie der dichte Bart, der ihn trinkt. In
Pluderhosen und mit rundem, schachtelgleichem Filzhut auf dem Kopf. In enger,
sonniger Gasse. Handwerkliche Geschäftigkeit hat ihre Pflastersteine rund
geschliffen. Schneider, Lederer, Teppichweber hinter aufgeklappten schweren
hölzernen Fensterläden. Im Gassenlabyrinth pulsiert osmanische
Traditionskultur.
In der Ruhe
liegt der Kaffee. Singt der Muezzin. Spricht das Leben. Aus Kaffeebechern. Im
Kaffeesatz steht die Zukunft geschrieben. Die unheilvolle.
Hörst du im
Tal den Schuss, auf den so viele folgen werden? Vier endlos lange Jahre?
Als 1878
Bosnien-Herzegowina an Franz‘ und Sissis Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn
fiel, hielt der Okzident im Orient Einzug. Eine Verflechtung zu viel für das
sich ohnehin in Bündnissen verstrickende Europa. Denn dieser Schuss im Tal von
Sarajevo im unruhigen Sommer 1914 tötete nicht nur den österreichischen
Thronfolger und seine Frau, sondern auch tausende Soldaten, Frauen und Kinder
im dadurch ausgelösten Ersten Weltkrieg.
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Auf der Lateinerbrücke begann vor 99 Jahren der Erste Weltkrieg |
Im Tal von
Sarajevo schimmern Betonmonster sozialistischer Baukunst, erinnern an die Zeit
Jugoslawiens, dem Bosnien-Herzegowina nach dem Ersten Weltkrieg bis zu seiner
Unabhängigkeitserklärung 1992 angehörte.
Der Weg hinab
in die Freiheit ist gesät mit Gräbern. Meterhohe weiße Steinblöcke. Gräber vom
Berg ins Tal. Gräber, die die Stadt umzingeln. So wie sie umzingelt worden ist,
von der serbischen Armee Restjugoslawiens, das die Unabhängigkeit nicht
anerkennen wollte.
Hörst du im
Tal die Granate, auf die so viele folgen werden? Vier endlos lange Jahre?
Hörst du im
Tal die Schreie, wenn sie einschlägt auf Marktplätzen, im Krankenhaus, dort, wo
der Alltag weiter gehen muss im granatenumzingelten, bald gräberumzingelten
Tal? Vier endlos lange Jahre?
„Nie wieder
Auschwitz“, sagt man in Deutschland und schaut zu, wie es wieder geschieht.
Hörst du im
Tal die Schreie, die anklagenden Schreie?
Sie
schreien „Srebrenica!“ und „Völkermord!“, „Massaker!“ und „Genozid!“
Sie
schreien einhunderttausend Namen, einhunderttausend schmerzvolle Namen.
Hörst du im
Tal die Schreie, die anklagenden Schreie?
Sie
schreien:
Wo warst du,
Europa? Vier endlos lange Jahre?
Und was
hast du jetzt vor mit uns?
Nirgendwo gibt es mehr
Menschen,
die aus
verschiedensten Motiven
und mit den
verschiedensten Ausreden
in den Ausbrüchen
dieses
unbewussten Hasses
bereit sind,
zu töten
und sich töten zu
lassen.
Ivo Andrić, jugoslawischer Literaturnobelpreisträger
Jedoch…
Wir sind nicht zur Verzweiflung verpflichtet.
Franjo Komarica, bosnisch-kroatischer katholischer
Bischof
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